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Berlins größter Stauraumkanal fertiggestellt

In bis zu 12 Metern Tiefe unter dem Mauerpark ist Berlins größter Stauraumkanal entstanden – ein auch für eine Metropole außergewöhnliches Abwasserprojekt mitten im Herzen der deutschen Hauptstadt. Die Dimensionen des neuen Kanals erforderten planerische und logistische Höchstleistungen.

18.07.2019

Gegossen, geschleudert, getrocknet, gehärtet: Die Stahlbetonvortriebsrohre bleiben drei Tage in der Form, bevor sie mit ihren großen Maßen von 4,50 m Außendurchmesser, 3 m Länge und fast 32 t Gewicht die Reise nach Berlin antreten.

Bereits seit den 1990er Jahren haben die Berliner Wasserbetriebe (BWB) ein unterirdisches Hochwasserschutzprogramm initiiert, in dessen Rahmen Auffangbecken und Stauraumkanäle geschaffen werden. Sie dienen der Bewältigung großer Wassermassen, wenn bei starkem oder anhaltendem Regen die Kapazitäten der Pump- und Klärwerke erschöpft sind. Das temporäre Speichern von großen Schmutzwassermengen verringert außerdem das Einfließen in die Berliner Gewässer und verhindert so unerwünschte Verunreinigungen von Spree und Panke. Langfristig sollen bis 2024 rund 300.000 m3 unterirdische Abwasserstauräume in Berlins Kanalisation geschaffen werden.
Im Auftrag der BWB werden mit der Baumaßnahme im Mauerpark, an dessen Stelle sich früher ein Grenzstreifen mit der Berliner Mauer befand, die Kapazitäten erneut erhöht: Seit Dezember 2017 laufen die Arbeiten im Stadtteil Prenzlauer Berg, um einen riesigen Stauraumkanal zu schaffen – mit einem Fassungsvolumen von 7.400 m3. Der 654 m lange Kanal wird an das bestehende Abwassersystem angebunden. Regen und Abwasser aus den Haushalten fließen als Mischwasser hierein. In dem angeschlossenen Stauraum sammelt sich bei Unwettern mit starken Regenfällen das überschüssige Wasser. Von hier aus wird es anschließend ins Klärwerk gepumpt.

Hohe Anforderungen an Planung und Umsetzung

Mit der fachgerechten Bauüberwachung wurde die Firma Babendererde Engineers beauftragt. Die Bauausführung übernahmen als „Arbeitsgemeinschaft Mauerpark” die Firmen Wayss & Freytag Ingenieurbau AG aus Frankfurt sowie Stehmeyer und Bischoff Berlin, die mit ihren Erfahrungen und ihrem Know-how bei der Auftragsvergabe punkten konnten.
Die Fachfirmen mussten sich bei dem 20 Millionen Euro teuren Projekt mehreren Herausforderungen stellen. So galt es bei der Planung und Umsetzung zum einen, die geringe zur Verfügung stehende Fläche, die Innenstadtlage sowie die Parknutzung durch viele Menschen zu berücksichtigen. Auch der Weiterbetrieb der sich in unmittelbarer Nähe befindenden Tram-Line M10 musste gewährleistet bleiben und eine weitere Aufgabe war die Erarbeitung von Rettungskonzepten für den Notfall.

Geringe Belastungen für Mensch und Umwelt

Aufgrund dieser Projektparameter entschied sich der Bauherr sehr schnell, einen Rohrvortrieb als am besten geeignetes Bauverfahren auszuschreiben. Die Einschränkungen für Mensch und Umwelt sollten so relativ gering gehalten werden. Mit Hilfe einer leistungsstarken über 100 Tonnen schweren Vortriebsmaschine entstand in 8-12 m Tiefe Stück für Stück der Tunnel für den neuen Stauraumkanal. Rund 20.000 Tonnen gelöster Boden wurden an die Oberfläche befördert.
Die erfahrenen Fachfirmen mussten bei den Bohrungen auch die geologischen Gegebenheiten in ihre Planungen einbeziehen, wie vorhandenen Geschiebemergel und Feinsand mit drückendem Schichtenwasser. Direkt hinter der Tunnelbohrmaschine der Firma Herrenknecht wurden hochwertige Stahlbetonrohre durch hydraulisch betriebene Vorschubzylinder in den erstellten Tunnel nachgeschoben.

Große Stahlbetonrohre mit Qualitätsanspruch

Die Stahlbetonrohre wurden speziell für dieses Bauvorhaben nach individueller Vorgabe, unter Berücksichtigung der geologischen Bedingungen und in Übereinstimmung mit den technischen Regeln der Abwasserbetriebe Berlin geplant und hergestellt. Mit der Fertigung der Stahlbetonrohre wurde die Firma Berding Beton beauftragt. Im Werk Badeborn wurden 218 Stahlbeton-Vortriebsrohre von je 3 m Länge, einem Innendurchmesser von 3,85 m (DN 3850), einem Außendurchmesser von 4,50 m (DA 4500) sowie einem Einzelgewicht von 32 Tonnen produziert.

Entsprechend der hohen Qualitätsansprüche wurden die Abwasser- und Kanalrohre aus säurewiderstandsfähigem Beton C60/75 (SWB) gefertigt. Eingesetzt wurden nur in der Schalung erhärtete Rohre, die eine besonders hohe Maßgenauigkeit und glatte Oberfläche der Rohre gewährleisten, was den Vorteil einer geringen Mantelreibung während des Vortriebs hat. Damit die tonnenschweren Rohrsegmente besser durch das Erdreich gleiten, sind sie jeweils mit mehreren Bentonitstutzen ausgestattet, die eine vortriebsbegleitende Bentonitschmierung ermöglichen. Ferner sorgen Dehnerstationen für einen reibungslosen Vortrieb. Gekammerte Keilgleitringdichtungen sichern die einwandfreie Funktion der Rohrverbindungen während der Vortriebsarbeiten. Außerdem gewährleisten sie nach der Inbetriebnahme die geforderte langlebige Dichtheit des Bauwerkes in den folgenden Jahrzehnten.

Schwieriger Schwerlasttransport

Allein der Transport der Vortriebsrohre mit ihren außergewöhnlichen großen Außenmaßen und dem hohen Gewicht vom Werk Badeborn (Landkreis Harz/Sachsen-Anhalt) zur Baustelle in Berlin erforderte eine ausgeklügelte und professionelle Logistik. Nicht nur weil der Anfahrtsweg durch drei Bundesländer ging, sondern vor allem auch weil strenge Vorschriften strikt eingehalten werden mussten. So durfte der Schwerlasttransport nur nachts von 22 Uhr bis 5 Uhr und mit Polizei-Begleitung erfolgen.

Großes Interesse an fertigem Kanal

Der grabenlose Rohrleitungsbau konnte problemlos innerhalb von drei Monaten umgesetzt werden. Als besonderen Höhepunkt durften nach der Fertigstellung an einem Wochenende Ende Oktober 2018 alle Interessierten den Stauraumkanal besichtigen. Allein am Samstag nutzten 3.000 Besucher diese Chance, sich bei einer unterirdischen Begehung ein eigenes Bild zu machen.
Ab Ende 2019 soll der Stauraumkanal in Betrieb gehen. Der Einbau eines Entleerungspumpwerks im Bereich Gleimstraße, Verbindungsbauwerke zu den Kanalisationsgebieten beiderseits des Mauerparks sowie der Einbau von 19 Zwischenschächten für Einstieg, Reinigung und Belüftung gehören ebenfalls zum umfangreichen Großprojekt. Hier laufen noch die Arbeiten.

Quelle: B_I Medien

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